Und was kommt demnächst auf das Beitrittsland zu? Einen „negativen Schock“ und „Orientierungslosigkeit“ erwartet der Ökonom Vladimir Cavrak von der Uni Zagreb. „Das Einzige, was mit Sicherheit kommt, sind die Kosten des Beitritts“, meint er. Kroatiens Außenhandelsbilanz werde sich verschlechtern, die Landwirtschaft unter Druck geraten.
Dafür wird es dem Exportmeister Deutschland noch besser gehen. Und das ist doch schon mal was.
DER NÄCHSTE BITTE:
KROATIEN WIRD EU-
MITGLIED
Man hat sich in letzter Zeit oft gefragt, wie es möglich war, dass Länder wie Griechenland, Rumänien oder Bulgarien damals so einfach in die EU aufgenommen wurden. Hier und da sickerte etwas über geschönte Wirtschaftszahlen durch. Doch unabhängig davon, ob in dieses dunkle Kapitel irgendwann Licht fallen wird: Gerade werden schon wieder neue vollendete Tatsachen geschaffen. Am 1. Juli tritt Kroatien als 28. Land der EU bei. Die Brüsseler Kommission hat dem Balkanstaat kürzlich in einem letzten, nur 15 Seiten starken Prüfbericht bescheinigt, beitrittsreif zu sein und alle nötigen Reformen eingeleitet zu haben. Nun müssen noch einige Länder den Vertrag ratifizieren, auch der deutsche Bundestag muss zustimmen, was aber als sicher gilt. Selbst grüne Abgeordnete nennen Kroatien „reif für die EU“.
Wieso sind sich da alle so sicher? Kroatiens Staatsverschuldung ist auf über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Die Wirtschaft schrumpft oder stagniert seit fünf Jahren, rund 160.000 Jobs gingen verloren. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 22 Prozent, unter jungen Leuten sogar bei über 40 Prozent. „Wir haben unser Geld in den letzten 20 Jahren fast nur in Konsum oder Immobilien gesteckt – nicht aber in die Modernisierung der Industrie“, sagt der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Kroatiens laut Süddeutsche Zeitung. Die Weltbank stuft die Wettbewerbsfähigkeit des Landes auf Platz 84 ein – noch hinter Bulgarien, Rumänien und Griechenland. Weitere Probleme kommen hinzu: Die aufgeblähte Bürokratie aus den Zeiten von Präsident Tudjman. Eine korrupte Justiz, die Kriegsverbrecher und Menschenhändler gern schon mal davonkommen lässt und sich auch bei der Verfolgung von Drogenschmuggel und Geldwäsche nicht sehr hervortut.
Der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle preist Kroatien als „exzellentes Beispiel für andere Kandidatenländer“. Ein in Zagreb tätiger Auslandsdiplomat drückt sein Befremden über so viel Schönfärberei mit den Worten aus: „Seit ich das EU-Vorgehen in Kroatien miterlebe, verstehe ich, warum wir in Griechenland so tief im Schlamassel sitzen.“
Und was kommt demnächst auf das Beitrittsland zu? Einen „negativen Schock“ und „Orientierungslosigkeit“ erwartet der Ökonom Vladimir Cavrak von der Uni Zagreb. „Das Einzige, was mit Sicherheit kommt, sind die Kosten des Beitritts“, meint er. Kroatiens Außenhandelsbilanz werde sich verschlechtern, die Landwirtschaft unter Druck geraten.
Dafür wird es dem Exportmeister Deutschland noch besser gehen. Und das ist doch schon mal was.